Home Die Geschichte Titus Maccius Plautus

 

Sarsina, die Heimat von Plautus

 

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TITUS MACCIUS PLAUTUS

 

Das Leben

Wir wissen nicht viel über Plautus (geb. in Sarsina um 250 v.C.- gest. vielleicht in Rom, 184 v.C.), und die wenigen Informationen, die wir haben, sind nicht sehr zuverlässig: Nachdem er ein guter Schauspieler geworden war, hat er sein Geld sehr wahrscheinlich wegen schlechter Investitionen verloren und sich somit verschuldet, was dazu führte, dass er in einer Mühle als Sklave arbeiten musste.

In dieser Zeit begann er Komödien zu schreiben, wie "Saturius" (Ein satter Mann), "Addictus" (Sklave wegen Schulden) und ein drittes Stück ohne Titel, wobei bereits genau diese Titel auf seine unglückliche persönliche Lage hinweisen. Alle drei Komödien wurden mit großem Erfolg aufgeführt, und er begann seine Theaterkarriere, die mehr als vierzig Jahre dauerte. Politikfremd, aber nicht unempfänglich für die Probleme seiner Zeit (zweiter Punischer Krieg), lebte Plautus nur mit und durch seine Kunst, die er mit großem Eifer durchführte. Kurz gesagt, er arbeitete, um Geld zu verdienen, und das Komödienschreiben war für ihn nichts weiter als ein Beruf.

Zudem behauptet Cicero in seinem Werk "De senectute", dass PLAUTUS einige Stücke wie "Pseudulus" schon im vorgeschrittenen Alter geschrieben hatte. Daher ist anzunehmen, dass er im Jahre 191 v.C. schon ein alter Mann war. In seinem "Brutus" offenbart Cicero auch das Todesjahr von Plautus.

Die Schriften, die die Komödien von Plautus enthalten, haben uns auch seinen kompletten Namen, Titus Maccius Plautus, verraten. Tito und Maccius scheinen allerdings falsche Name zu sein: "Maccius" kommt wahrscheinlich von der gleichnamigen „Atellanen“-Maske, und das Wort "Plautus" heißt sowohl "Plattfuß" als auch "mit großen Ohren". Es ist auch möglich, dass "Titus" und "Maccius" die Künstlernamen waren, die Plautus während seiner Schauspielerkarriere benutzte.
Nach seinem Tod waren viele Komödien unter seinem Namen im Umlauf, wobei sich später herausstellte, dass einige davon Fälschungen waren. Im ersten Jahrhundert v. C. gab es etwa 130 Stücke davon, was darauf hin deutet, dass sein Name eine Erfolgsgarantie für Schriftsteller und Schauspieler darstellte.

Marcus Terentius Varro, ein Polyhistor der Zeit, untersuchte die Komödien von Plautus ("De comoedis Plautinis") und unterteilte sie in drei Gruppen:
- 21 Werke konnten seiner Meinung nach sicherlich Plautus zugeschrieben werden (die "Fabulae Varronianae");
- 19 Werke hatten eine ungewisse Herkunft;
- Die anderen Werke wurden von ihm als Fälschungen eingeschätzt.

Die Autorität Varros war so groß, dass Plautus seitdem nur diese 21 als authentische Werke zugeschrieben wurden. Auf Grund weiterer Bezeugungen glaubt man zwar, dass es auch andere Komödien von Plautus geben könnte, die aber im Laufe der Jahre verloren gegangen sind. Es handelt sich um: "Commorientes", "Colax", "Gemini lenones", "Condalium", "Anus", "Agroecus", "Faerenatrix", "Acharistio", "Parasitus piger", "Artemo", "Frivolaria", "Sitellitergus", "Astraba".

Dank der jeweiligen "Didascalie" (Regieanweisungen, kurze Erklärungen der Grammatiker über die erste Aufführung, den Erfolg und das Ergebnis des Werkes) kennen wir das Entstehungsdatum von "Stichus" (200 v.C.) und "Pseudulus" (191 v.C.). Die Chronologie der anderen Werken kann nur durch innere Elemente festgelegt werden, wobei man eine Entwicklung der Werke vermutet, von der "Farce" zu einer Art "komischer Oper“ (es muss allerdings hinzugefügt werden, dass sich keine dieser Vermutungen durchgesetzt hat).

Eine mögliche chronologische Ordnung könnte wie folgt aussehen: "Asinaria" (212), "Mercator" (212-10), "Rudens" (211-205), "Amphitruo" (206), "Menaechmi" (206), "Miles gloriosus" (206-5), "Cistellaria" (204), "Stichus" (200), "Persa" (nach 196), "Epidicus" (195-4), "Aulularia" (194), "Mostellaria" (unsicher), "Curculio" (200-191?), "Pseudolus" (191), "Captivi" (191-90), "Bacchides" (189), "Truculentus" (189), "Poenulus" (189-8), "Trinummus" (188), "Casina" (186-5); separat wird auch "Vidularia" genannt, die unvollständig aufgefunden worden ist. Natürlich sind die Entstehungsdaten dieser Werken nicht sicher, sondern das Resultat von reinen Vermutungen. Man beachte zudem, dass die Werke in den antiken Handschriften mehr oder weniger in alphabetischer Ordnung standen.

 

Plautus: seine Bedeutsamkeit

Musas plautino sermone locuturas fuisse, si latine loqui vellent” ("Wenn die Musen Latein hätten sprechen wollen, dann hätten sie die Sprache von Plautus gesprochen"). Das ist die Antwort von Quintilianus in seinem “Instituto oratoria” auf die Kritik von Elio Stilone, dem ersten lateinischen Philologen (2. Jahrhundert v.C.).

Plautus, der erste lateinische Schriftsteller, dessen Werke noch komplett sind, ist auch der erste, der sich nur einem literarischen Genre gewidmet hat, der Komödie. Er hat übrigens eine originale Zusammenfassung der neuen griechischen Komödie und der Elemente der Volkstradition der italienischen Farce gemacht.

Zusammen mit Terentius ist Plautus der einzige Dichter der archaischen römischen Literatur, dessen Stimme noch heutzutage "lebendig" ist. Außer Virgilius gibt es keinen lateinischen Dichter, der die moderne europäische Literatur so stark beeinflusst hat, wie Plautus. Man bedenke, dass dieser Einfluss durch das Leben, die Gewohnheiten und das Genie der Bevölkerung entsteht. Von der "gelehrten" Komödie der Renaissance zur improvisierten Komödie, vom großen französischen, klassischen Theater zur komischen Oper des 18. und 19. Jahrhunderts, bleibt Plautus' Genius ohne Konkurrenz bis zur heutigen Zeit...." (PLAUTO – Le commedie, herausgegeben von Giuseppe Augello, UTET Torino, 1961).

Plautus ist der "Gigant", der am Anfang der lateinischen Literatur in einer Stellung von Einsamkeit und Trennung von allem, was mit der der typischen Tradition der geistigen und literarischen Kultur zu tun hat, steht. Er erscheint als ein abseitiges „Produkt“ der römischen Kultur, wie eine Art saftige Frucht, charakteristischer als der so genannte Archaismus in seiner wesentlichen Bedeutung. Das heißt wie die wahre Stimme der Latinität seiner Zeit, die jedoch genau wegen ihrer Tiefgründigkeit nichts mit der folgenden aristokratischen Gestalt der lateinischen, elitären Kultur zu tun hat...." (Tito Maccio Plauto “Tutte le Commedie", herausgegeben von Ettore Paratore, Newton Compton editori s.r.l., Roma, 1992).

Dank seiner außerordentlichen Fantasie und Ausdruckskraft, seiner reichen, fließenden und kräftigen Sprache und der metrischen Vielfalt, hat die Kunst von Plautus originelle Merkmale und einen unverfälschten Wert. Bereits die Antiken schätzten den Reichtum und die Verschiedenartigkeit seiner Prosodie, die als das typische Merkmal seines Schreibens gilt, wie wir in der Grabinschrift von Plautus lesen können, die von Gellius zitiert wurde (er hatte sie in den Werken von Varro gelesen). Diese besagt zum Tode Plautus’: “numeri innumeri simul omnes conlacrimarunt” (unzählige Rhythmen brachen alle in Tränen aus).

Nach dem großen Erfolg während der Zeit Kaiser Hadrians wurde das Interesse für die Kunst von Plautus immer geringer, als wollten die Menschen nicht mehr lachen. Seine Scherze schwiegen für circa ein Jahrtausend.

Dante ist der Einzige, der ihn in seinem "Purgatorium" zwischen den antiken Geistern erwähnt (Purgatorio, XXII, 90): in einer Zeit, in der der Name Plautus fast vergessen war, war dies die einzige Stimme, die an ihn erinnerte. Seine Werke erschienen während der Renaissance wieder auf der Bühne, und es war eine verblüffende Rückkehr. Es sah so aus, als ob das Interesse an der Antike und sein Ruf wieder aufleben würden. In dieser Zeit erfuhr die Kultur eine Säkularisierung, die die geistliche Spiele, aus der sich das weltliche Drama entwickelte, in eine Krise versetzte. Die Entdeckung von Plautus beschleunigte diesen Prozess und gab der Geburt des modernen Theaters einen unerwarteten Aufschwung. Dabei muss man beachten, dass Ercole I am 25. Januar 1487 eine standhafte Szene (wir glauben, du meinst: stehende Bühne ?) in Ferrara, bzw. im Palazzo Ducale, mit dem Stück Anphitruo von Plautus einweihte. Im großen Renaissancetheater von Florenz wurden die Werke von Plautus meist wiederholt (?), nachgemacht (?) und nachgeeifert, ganz nach der Tendenz, vom „Alten“ das „Neue“ erschaffen zu wollen. Machiavelli, Giannotti, Fiorenzuola, Trissino, der Kardinal von Bibbiena, Cecchi und Gelli schafften das erste italienische komische Theater, Plautus’ Werke teils übersetzend, teils nachahmend.

Auch die "commedia dell'arte" (improvisierte Komödie), die durch eine Art romantische Reaktion auf das gebildete Drama entstanden war, hatte viel vom Lateinischen Theater übernommen. Sogar ausländische Autoren des modernen Theaters wurden von Plautus beeinflußt: darunter finden wir unter anderem Shakespeare (die Comedy of Errors), Molière (Amphitryon und L’Avare), Beaumarchais (Le mariage de Figaro), Kleist (Amphitryon), Lemercier (Plaute ou la Comedie latine), aber auch Lesage, Destouche, Corneille, Lessing, Dryden und Goldoni.

 

Plautus Festival
Das "PLAUTUS FESTIVAL" findet jeden Sommer in Sarsina statt. Zu Ehren des Schriftstellers werden seine Theaterstücke aufgeführt. Es ist die einzige Aufführung klassischen Theaters, die im Sommer in der Romagna stattfindet, und aus diesem Grund ist es ein sehr wichtiges Ereignis mit großem artistischem und kulturellem Wert.

Die berühmtesten italienischen Schauspielgruppen führen die Komödien von Plautus und von anderen „klassischen“ Autoren auf. Auch nach 2000 Jahren sind diese Werke, dank des Reichtums der Dialoge, der Charaktere und der Situationskomik, noch unterhaltsam. Die Aufführungen finden in der Arena Plautina statt, ein Freilichttheater, das in Form eines terrassenförmigen Halbkreises in einem von der Natur erschaffenen Hang angelegt ist, und sich direkt hinter dem Schloß von Calbano befindet. Auch der Platz im Zentrum Sarsinas ist dem berühmten Dichter gewidmet.

Neben dem Archäologischen Museum gibt es ein Denkmal für Plautus: eine Säule aus Marmor mit einem Hochrelief aus Bronze, das 1951 vom Bildhauer Duilio Cambellotti geschaffen wurde. In der Strasse G. Capello kann man auch die so genannte "Casa di Plauto" (Haus von Plautus) sehen: es ist das älteste Haus der Stadt, ein Gebäude mit römischen Elementen, das seit dem 17. Jahrhundert den Namen des lateinischen Autors trägt.
 

Lecturae Plautinae Sarsinates
Jedes Jahr am ersten Samstag im September findet in Sarsina ein internationales Meeting statt: Lecturae Plautinae Sarsinates. Es ist eine Art Seminar über Forschungen und Studien zu den Komödien von Plautus, das von anerkannten italienischen und ausländischen Wissenschaftern abgehalten wird.

 

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Datum letzter Aktualisierung :10-04-2007